Grafschafter Hobbybrotbäcker
Gutes Brot
braucht Zeit & Liebe

Teigherstellung - Teigbearbeitung

1. Teigtemperatur (TT)

Wie erreiche ich eine bestimmte Teigtemperaur (TT) z.B. von 24° C ?

Insbesondere weizenlastige Teige verlangen eine Teigtemperatur zwischen 23° C und max. 25° C., ideal wären 24° C. Was aber muss man tun, um eine bestimmte Teigtemperatur im fertig gekneteten Teig zu erreichen, wie kann man die Endtemperatur beeinflussen? Die Kenntnis der Endtemperatur ist für die weitere Teigbearbeitung hinsichtlich Reifezeiten usw. extrem wichtig, die Teigtemperatur hat Einfluss auf die Qualität des fertigen Brotes. Welche Faktoren bestimmen die Endtemperatur des fertigen Teigs?

Die Endtemperatur wird beeinflusst von
- der Temperatur der Mehle
- der Temperatur von Vorteigen
- der Temperatur Umgebung (Küche, Backstube)
- der Temperatur der Schüttflüssigkeit
- und auch dem Temperaturanstieg während der Knetphase.

Die Temperatur des Mehls, der Umgebung und der Schüttflüssigkeit können schnell gemessen und festgestellt werden. Etwas schwieriger ist es, den Temperaturanstieg durch intensives Kneten in der Küchenmaschine zuverlässig vorherzusagen, denn einleuchtend ist, dass je nach Festigkeit des zu knetenden Teiges der Temperaturanstieg kraft der auftretenden Reibung höher oder niedrieger ausfällt je fester oder weicher ein Teig ist. Ich rechne vorsichtshalber mit einem Temperaturanstieg von 1° C pro Minute schnellem Kneten im 2. Gang (z.B. Häusler Alpha 2G).

Nehmen wir einmal an, der Teig mit einer Teigausbeute von 165 (TA 165) soll 5 Minuten im schnellen Gang geknetet werden, so bedeutet dies, dass sich der Teig um ca. 5° C erwärmt. Weiterhin stelle ich fest, dass das Mehl und die Umgebungstemperatur z.B. jeweils 23° C betragen. All diese äußeren Umstände kann ich in der Regel nicht beeinflussen. Einzig und allein auf die Temperatur der Schüttflüssigkeit kann ich Einfluss nehmen. Und genau das geschieht in der täglichen Praxis!

Wie man die erforderliche Temperatur der Schüttflüssigkeit ermittelt, ist dabei durchaus unterschiedlich:

Die Franzosen geben in ihren Rezepturen in Abhängigkeit von der Intensität des Knetens häufig eine "Temperatur de Base" (Basistemperatur) mit einem bestimmten Wert an, z.B. 53 - 56 für "pétrissage intensifié", also intensives Kneten. Gehen wir einmal von 56 aus, so werden die Temperatur des Mehls und der Umgebung (23 + 23 = 46) abgezogen, so dass noch 10 verbleiben. Also muss die Temperatur der Schüttflüssigkeit (des Wassers) 10° C betragen.

Eine andere ganz einfache Formel besagt: (Gewünschte Teigtemperatur minus Kneterwärmung) x 2 minus Mehltemperatur ergibt die erforderliche Wassertemperatur. Beispiel: 24 - 5 = 19 x 2 = 36 - 23 = 13. Also betrüge in diesem Fall die erforderliche Wassertemperatur 13° C.

Werden auch Vorteige wie z.B. ein Sauerteig oder ein Poolish verarbeitet (z.B. 26° C), so sind deren Temperaturen ebenfalls zu berücksichtigen. Es ergibt sich dann grundsätzlich folgendes Rechenschema:

  Gewünschte Teigtemperatur (z.B. 24° C)
- Kneterwärmung (1° C pro Minute im Schnellgang) (z.B. 5° C für 5 Min. Kneten)
= Temparatur aller Teigzutaten zu Beginn der Teigzubereitung (hier: 24 - 5 = 19)

  Anzahl der Teigzutaten ermitteln: hier = 3, nämlich
  •   Mehl, 
  •   Wasser, 
  •   Sauerteig oder Poolish
  Temperatur aller Teigzutaten (19) x Anzahl (3)  (hier: 19 x 3 = 57)
- Mehltemperatur (23° C)
- Sauerteig/Poolish-Temperatur (26° C)
= Schüttwassertemperatur

Im Beispiel ergibt sich:
57 - (23 + 26) = 8

Also muss in unserem Beispiel die Schüttwassertemperatur 8° C betragen, damit am Ende die Temperatur des fertigen Teiges tatsächlich 24° C beträgt!

Leider liefert mein Hauswasseranschluss keine Quelltemperatur von 3-4° C, sondern immer nur Wasser, das etwa 18 - 21° C warm ist.

Was kann man also tun?

Das Schüttwasser muss im Kühlschrank vorgekühlt werden! Dabei liegt der Temperaturbereich von normal genutzten Kühlschränken im Bereich von 5 - 8° C.

Was kann ich aber tun, wenn ich noch kühleres Schüttwasser benötige?

Die Bäckerpraxis behilft sich mit Scherbeneis oder zerstoßenem Eis, das anstelle von Schüttwasser direkt in den Teig gegeben wird.

Wieviel Eis benötige ich, um eine bestimmte Wassertemparatur zu erreichen?

Nehmen wir einmal an, die Temperatur des Leitungswassers betrüge 20° C und die Schüttwassertemperatur soll 8° C betragen.

Die Formel lautet:
Wassertemperatur - Schüttwassertemperatur = Eisanteil in %  (Temperatur -0,5° C)


Beispiel:
benötigt werden 600 g Schüttwasser mit 8 ° C; das Leitungswasser hat 20° C.
Berechnung:
20 - 8 = 12,
also müssen 12 % der Schüttflüssigkeit durch Eis ersetzt werden,
12 % von 600 g Wasser ergibt 72 g Eis und 528 g Wasser.

Der Nachteil des Berechnungsschemas besteht darin, dass die Mengen der einzelnen Teigzutaten im Verhältnis zum Gesamtteig unberücksichtigt bleiben!

Genauer ist daher jede Temperaturberechnung, die auch die Masse (das Gewicht) der jeweiligen Zutat berücksichtigt. Ein Poolish oder ein Brühstück können durchaus nur 4° C haben, wenn sie direkt aus der Kühlung entnommen wurden.

Das von mir gebastelte Excel-Sheet berücksichtigt jedenfalls die Mengen- und Temperaturverhältnisse, wobei allerdings die Wärmekoeffizienten der einzelnen Bestandteile bewusst unberücksichtigt geblieben sind, weil sie meines Erachtens für die Hobbybäckerei nicht ausschlaggebend sein dürften.

Im nachfolgenden Beispiel habe ich neben den Temperaturen auch einmal die Massen aus einem von Dietmar Kappl unter www.homebaking.at am 06.06.2018 veröffentlichten Rezept "Grillbaguette" eingetragen. Die Schüttwasser-Temperatur hatte Dietmar Kappl übrigens im Rezept bereits mit 10° C empfohlen. Hier das Ergebnis:
 


Das Ergebnis spricht für sich! Bequemer geht es nicht, wie ich finde! Außerdem ist es eine Bestätigung für die hohe Qualität aller Rezepte, die Dietmar in seinem Blog postet!

Also keine Angst vor hochsommerlichen Temperaturen!

*Wer das Excel-Arbeitsblatt bekommen möchte, kann mir gern unter graf.back@gmail.com eine E-Mail schicken.


0 comments :

Kommentar veröffentlichen

Graf-Back Nordhorn 2016. Powered by Blogger.