Prinzen-Brioche
oder
Wie die Prinzessinnen-Brioche zu ihrem Prinzen kam
Es war einmal...
ein genialer Bäcker, Manfred Schellin. Manfred hat eine wunderschöne, üppige und verlockende Brioche aufgelegt und in seinem Blog „Schellikocht“ veröffentlicht, die alles mir Bekannte an Zutaten schlägt. Eigelb und Butter in kaum vorstellbaren Mengen, toll ! Das war schon Anfang 2017 - und ich bin erst jetzt darauf gestoßen ! Flugs fragte ich bei meinem Backfreund Robert nach, ob der so etwas schon einmal gelesen oder gar gegessen hatte. Klar hatte er, das Rezept war längst herausgeschrie-ben, er war nur noch nicht zum Nachbacken gekommen, zeigte sich jetzt aber wieder angefixt. Schelli nannte sein Kunstwerk Prinzessinnen-Brioche, so leicht und luftig wie es war. Als Triebmittel verwendet er ausschließlich Frischhefe, davon wegen des hohen Ei- und Buttergehalts aber reichlich.
Schnell war die Idee geboren: Wir suchten nach einer Möglichkeit, unter Beibehaltung des Geschmacks und der übrigen Mengen eine Sauerteigvariante auf der Basis von Lievito Madre und Übernachtgare zu schaffen. Wobei wir der Meinung waren, dass der Brioche auch ein Hauch Vanillearoma gut zu Gesicht steht.
Kurz: Der Prinzessin sollte ein Prinz (Sauerteigvariante) zur Seite gestellt werden. Das Problem dabei: Ein derartig opulentes Rezept lässt sich nicht einfach auf LM umstricken, der Teig muss - wie bei Pandoro und Panettone - mehrstufig aufgebaut werden. Diese Kuchen bringen italienische Elemente ins französische Backwerk (bedenkenlos so eingeführt, ohne die Medici hätte es die französische Hochküche schließlich auch nicht gegeben). Deren Herstellung beschreibt Stefanie Herberth in ihrem Blog „Hefe-und-mehr“ sehr schön und gelingsicher. Wir haben "nur" die Zutaten nach diesen Vorlagen sinnvoll auf die verschiedenen Stufen verteilt: Lievito Madre geht in Teig 1 auf, dieser in Teig 2 und dieser endlich im Hauptteig. Mit jeweils mehrstündigen Pausen dazwischen, so dass sich die Frage nach der Übernachtgare ganz automatisch stellt. Dabei muss die Mutterhefe so triebstark wie irgend möglich sein: Auf 220 Gramm Eigelb und 250 Gramm Butter hat man lediglich 100 Gramm Wasser zur Verfügung.
Einen ersten Rezeptentwurf von mir arbeitete Robert dann auch in ein wirklich sinnvolles Rezept um, indem er sich wo immer möglich auf die Struktur und die Mengenverteilung von Stefanies Rezepten besann. Die beeindruckenden Zutaten der Prinzessinnen-Brioche sollten beim Prinzen ja unvermindert erhalten bleiben.
Was ist dabei herausgekommen ?
Wir haben beide in etwa parallel gebacken, Robert in einer schmalen Kastenform, ich in dafür eigens angeschafften Brioche-Formen.
Mit dem Ergebnis:
Die Brioche von Robert ist entschieden schöner, das Gebäck scheint nochmals luftiger. Dafür habe ich herausgefunden, dass man in einer großen Brioche-Form locker 600 Gramm Teig unterbringen kann, allerdings nicht in einer Verteilung große/kleine Kugel von 500/100 Gramm, denn eine solche Struktur bekommt im Zweifel Schlagseite und sieht wenig harmonisch aus. In Zukunft werden es 570 zu 30 Gramm werden.
Robert hat in seinen kleinen Kastenformen von 30 x 6 x 6 cm jeweils 9 Kugeln zu je 50 Gramm untergebracht, da muss jeder seine eigene Lösung finden.
Und wie schmeckt sie denn nun, die Prinzen Brioche ?
Hier muss ich jetzt aber wirklich Robert zu Wort kommen lassen:
„Die Krume ist watteweich wie die Prinzessin auf der Erbse, vom Geschmack her buttrig und leicht nach Vanille duftend, begleitet von einer völlig unaufdringlichen und nur erahnbaren Süße, die Raum in jede Richtung läßt. Die Brioche schreit förmlich danach, auch süß oder herzhaft belegt zu werden. Und in der Tat eröffnet sich dann ein nochmals völlig neuer Kosmos. Schon beim Betrachten der Fotos kann man erahnen, auf welchen Olymp uns das ursprüngliche Rezept von Schelli geführt hat. Den "Point of no Return“ haben wir damit deutlich überschritten. Ich fürchte, dass andere Brioches unsere Erwartungen niemals mehr werden erfüllen können: Ich fürchte, sie machen süchtig.“
Besser hätte ich es auch nicht ausdrücken können.
Hier das Rezept für ein Teiggewicht von insgesamt ca. 1.200 g:
Lievito Madre:
Alle Zutaten vermischen und abgedeckt (in der Gärbox) reifen lassen.
TT: 29° C RZ: 2 – 3 Std.
* Wir haben das LM-Pulver eines italienischen Herstellers verwendet. Möchte man "Madre di Lugano" oder "EVA" verwenden, so ergeben sich andere Temperaturen und Reifezeiten. Soll eigene LM verwendet werden, so sollte sie mindestens zweimal aufgfrischt sein und das Volumen in 2 Stunden mindestens verdoppeln wenn nicht gar verdreifachen.
Teig 1:
Alle Zutaten vermischen und abgedeckt (in der Gärbox) reifen lassen. TT: 29° C RZ: 2 – 3 Std.
Teig 1 nach ca. 2,5 Stunden
Teig 2:
Alle Zutaten vermischen und abgedeckt (in der Gärbox) reifen lassen
TT: 29° C RZ: 2 Std.
Teig 3, Hauptteig:
Zubereitung des Hauptteigs:
Mehl, Salz, Vanille und eine Hälfte Eigelb mit dem Teig 2 in der Küchenmaschine bei langsamer Geschwindigkeit 5 min kneten. Nun werden der Zucker und das restliche Eigelb abwechselnd zum Teig hinzugefügt und jeweils 1 min bei langsamer Geschwindigkeit untergeknetet, bis alles eingearbeitet ist. Sodann den Teig bei mittlerer Geschwindigkeit bis zur vollständigen Glutenentwicklung kneten (etwa weitere 5-8 min). Nun die zimmerwarme Butter in Stückchen hinzugeben und bei langsamer Geschwindigkeit kneten, bis die Butter vollständig vom Teig aufgenommen wurde.
Den Teig zu Kugeln à 50 g formen und in eine kleine Kastenform setzen. Bei großen Formen etwa 6oo g abwiegen, davon ca. 70 g für die Kugel.
Übernachtsgare bei Raumtemperatur. Am nächsten Morgen 2 x
mit Eistreiche abstreichen.
Backen:
Mit 190° C Ober- und Unterhitze bis zu einer Kerntemperatur von 94° C backen.
Und das sind die Ergebnisse:
Tipps:
Es ist ratsam, sämtliche ca. 22-24 Eigelb aufzuschlagen und zu verquirlen, weil sich die jeweiligen Zugabemengen dann besser dosieren lassen.
Teig 2 sollte in einem leicht geölten Behältnis reifen, weil er so bei Vollreife leichter in die Rührschüssel des Kneters befördert werden kann.
Hier folgen noch zwei Fotos:
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