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Schnellstes Hefewasser !

Written By Graf-Back on Dienstag, 25. Oktober 2022 | 25.10.22

Das denkbar schnellste Hefewasser, hergestellt aus....Weizenkleie !

Wir alle kennen das Rosinenwasser und dessen ungebremste Triebkraft, sobald es nach mehreren Tagen voll ausgereift ist. Allerdings frage ich mich heute, warum ich nicht längst darauf gekommen bin, statt Rosinen oder anderer Trockenfrüchte einfach das Nächstliegende zu verwenden: 

Weizen-Kleie !

Die äußere Schale des Korns in Bioqualität enthält doch bereits alle Bakterienkulturen und Wildhefen, die man für die Herstellung von Hefewasser, Lievito Madre oder eines anderen Weizensauerteigs benötigt!

Zwei Blogbeiträge von Dietmar Kappl über das von der Meraner Mühle entwickelte Granoferm und die daraus resultierenden unglaublich gut gelockerten Brote haben mich auf die Idee gebracht, einmal Weizenkleie zu fermentieren.

Teil 1, (Teil 2 weiter unten)

Zunächst allerdings nicht über eine Lievito Madre (LM), sondern über Hefewasser. Es geht mir vordringlich nicht darum, einen Ersatz für Granoferm zu entwickeln, das derzeit für Hobby-Bäcker noch nicht käuflich zu erwerben ist. Vielmehr möchte ich das Potenzial von Weizenkleie austesten.

Bei Granoferm handelt es sich, wie Dietmar mitteilt, um ein Weizenmehl, etwa Type 812, dem ein Anteil fermentierter Kleie beigemischt wird. Zur Herstellung fermentierter Kleie wird eine LM statt mit Mehl mit Kleie aufgefrischt und in getrockneter Form dem Mehl beigemischt.

Kann man Weizenkleie auch in Hefewasser fermentieren ?

Ich bin der Überzeugung, dass man das durchaus kann, zumindest aber ist es einen Versuch wert.

Also habe ich in einer PET-Flasche folgende Zutaten angemischt:

750 g    Wasser (handwarm)
  50 g    Weizen-Kleie, BIO-Qualität
  20 g    Honig

Alle Zutaten wurden in der Flasche gut geschüttelt miteinander vermischt und bei 29,0° C - 29,2° C in meine Gärbox 2.0 gestellt.


Es ist sehr gut zu erkennen, dass die Weizen-Kleie (hier zu Beginn des Versuchs) noch verquellen muss und eine bakterielle Aktivität, erkennbar an der Bildung von Bläschen, noch nicht eingesetzt hat. Die fest verschlossene PET-Flasche ist weich und flexibel, sie steht nicht unter erhöhtem Innendruck.

Etwa 12 Stunden nach dem Start des Versuchs wurde die PET-Flasche zweimal kopfüber gewendet, so dass die Kleie neu vermischt wurde. 24 Stunden später ergibt sich folgendes Bild.

Ähnlich der Entwicklung im Rosinenwasser wurde ein Teil der Kleie durch anhaftende Bläschen aufgeschwemmt und an die Oberfläche getrieben. Die inzwischen entwickelte rege Aktivität der Hefen und Bakterien ist an der Bläschenbildung im oberen Bereich deutlich sichtbar. Die PET-Flasche fühlt sich hart und prall gefüllt an, sie steht unter einem hohen innendruck. Hält man das Ohr an den Schraubverschluss, so ist ein leises Zischen hörbar.



Ich bin sicher, dass ich das Kleie-Wasser bereits jetzt wie ein Rosinen-Hefewasser als Triebmittel einsetzen könnte. Beim Öffnen des Schraubverschlusses schäumt die Masser kräftig auf und der Überrdruck entweicht aus der Flasche.

Als ich im Anschluss die Flasche erneut zweimal kopfüber gewendet habe, ist plötzlich die gesamte Kleie nach oben aufgeschwemmt.


Besser läst sich die Aktivität des Kleie-Hefe-Wassers wohl kaum darstellen. 

Der Versuch wird bei 29° C in der Gärbox fortgeführt, um festzustellen, ob sich Hefe bildet und als heller Bodensatz absetzt.

Wie könnte man das Wasser verwenden ?

Ich stelle mir vor, dass man die Flüssigkeit sehr gut für den Ansatz eines Sauerteiges verwenden kann, wie dies auch bei Rosinen-Wasser möglich ist. Oder zur Stärkung des Triebs sogar direkt als Schüttflüssigkeit in einem Brotteig. Der Vorteil gegenüber dem Rosinen-Hefe-Wasser dürfte darin liegen, dass kein Rosinengeschmack übertragen wird. Allerdings bleibt abzuwarten, ob sich aus der Kleie Bitterstoffe gelöst haben, die dann nur eine gemäßigte Verwendung als Schüttflüssigkeit nahlegen.

Und was macht man mit der Kleie ?

Ich beabsichtige, die Kleie mit Abschluss der Versuchsreihe abzusieben und in noch feuchtem Zustand einer LM versuchsweise als Futter beizugeben. Auch als Anstellgut (ASG) für einen Sauerteig könnte ich mir die Kleie sehr gut votrstellen. Eine LM, wenn sie denn positiv auf dieses Futter reagiert, könnte getrocknet und vermahlen werden, um dann pulverisiert dem Mehl oder einem Brotteig beigegeben zu werden. 

Weitere Versuche werden also noch folgen.

Bisheriges Fazit:

Die Idee, Weizenkleie für den Ansatz eines Hefewassers zu verwenden, hat sich als hervorragend erwiesen. Noch nie habe ich in so kurzer Zeit ein so überzeugendes Ergebnis erzielt !

Teil 2

Nach 2 Tagen Fermentation habe ich am Morgen des 3. Tages die PET-Flasche aus der Gärbox genommen und dieses Foto gemacht:


Die Kleie hatte sich am Boden gesammelt und nur ein ganz geringer Teil trieb an der Wasseroberfläche.

Dann habe ich die Flasche 1 x kopfüber gehalten und bekam dieses Ergebnis:

Ich konnte mein Handy gar nicht so schnell aktivieren, um ein Foto zu machen, so sehr wurde ich von der äußerst heftigen Reaktion des Hefewassers überrascht. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet !

Am Ende hat sich dann alles wieder etwas beruhigt.




Hier zeigt sich, dass das Hefewasser am 2. Tag der Fermentation nochmals deutlich an Triebkraft gewonnen hat.

Inzwischen habe ich die Kleie abgesiebt und das gefilterte Hefewasser im Kühlschrank gelagert. Am Boden der PET-Flasche hat sich die gebildete Hefe als ein reichlicher und deutlich sichtbarer weißer Belag abgelagert.

Nun steht demnächst der erste Backversuch mit dem Kleie-Hefewasser auf der Tagesordnung.


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